Die Verzerrung der Welt – oder das Weltbild nach Gerhard Mercator

Gerhard Mercator wird für seine Arbeit, erstmals komplett alle Regionen der Welt auf eine zweidimensionale Fläche zu bringen, geschätzt.

Seit mehr als 500 Jahren beugen wir uns über die Weltkarten und erfreuen uns als Europäer der Größe unseres Kontinents.

Wir gehen davon aus, daß die Vermessung der Welt vollzogen ist, daß die Entfernungen definiert sind, und daß diese unsere Welt in ihren Proportionen auch den Machtverhältnissen, auch der Bedeutungsschwere eines Landes entspricht.

 

So haben wir uns daran gewöhnt, daß auf den Karten Grönland rießig erscheint, und Indien mehr oder weniger ein Zipfel südlich von China ist.

Wozu hat das geführt ?

In einem Essay für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (14.9.2014) schreibt Pankaj Mishra:

“Der Trick der Mercator-Projektion, der darin besteht, Europa auf der Landkarte größer darzustellen, als es in Wirklichkeit ist, verschleierte auch die vielen klassenspezifischen, religiösen und regionalen Diskontinuitäten der Welt außerhalb Europas.”

 

Eine Verzerrung auch des  Denkens? Die alltägliche Ansicht der Welt mit Europa als Mittelpunkt, mit Afrika , als dem Kontinent, der, angedockt an Europa, nach “unten fällt”?

Eine Ansicht der Türkei mit der Anmaßung, daß durch zwei Brücken die Türkei zu Europa gehört, auch wenn der Großteil dieses Staates auf asiatischem Boden ist ?

Und wird Europa in seiner künstlichen Homogenität gegen Nachbarstaaten abgegrenzt, da nach 1945 doch mehr Kriege in dem jetzigen Einflußbereich der EU stattfanden, als in den Nachbarstaaten ?

Es wäre an der Zeit, die Kartographie desDenkens zu überarbeiten.

Denn ein Europa, das sich auf der Weltkarte als “Appendix” der Kontinente Asien und Afrika sieht, wird die geforderten Milliarden für eine Erhöhung des Militärhaushaltes eher zukunftsorientiert in Diplomatie, Kooperationen, Hilfestellungen und wirtschaftliches Know-How investieren.

 

Zur neuen Kartographie:  Hajime Narukawa:  www.autograph.com